Quelle:
http://www.das-gibts-doch-nicht.de
C-Waffen gefunden: Was nun, Herr Blix?
Nach Krieg gegen Irak: US-Armee sichert sich Patent für Gaswaffe
Die US-Armee plant den Einsatz von chemischen und biologischen Waffen. Nach Informationen der deutsch-amerikanischen Wissenschaftlerorganisation »Sunshine Project« registrierte das US-Patentamt bereits am 25.Februar dieses Jahres die Pläne für eine Granate, die mit chemischen und biologischen Kampfstoffen bestückt werden kann. Der Patentantrag war am 10.September 2001 eingereicht worden. Der weitgehend unbekannte US-Armeeminister Thomas White, ein ehemaliges Vorstandsmitglied des Skandalkonzerns Enron, verstieß damit bewußt gegen geltendes internationales Recht.
Die neu entwickelte Granate kann von gewöhnlichen Gewehren abgefeuert werden und Gase oder feine Stoffe ausbringen. Im US-Patent Nummer 6523478 wird neben anderen Verwendungsmöglichkeiten die Bestückung »mit biologischen und chemischen Stoffen« genannt. Bereits im ersten Artikel der Biowaffenkonvention von 1972 ist die Entwicklung solcher Techniken zum Einsatz chemischer und biologischer Kampfstoffe »unter allen Umständen« verboten. Vor dem neuen Hintergrund erstaunt es nicht, daß die USA kurz nach der Waffenentwicklung im Dezember 2001 die Überprüfungskonferenz zur Biowaffenkonvention platzen ließen. Auf dem Treffen sollte die Konvention um das explizite Verbot »nichttödlicher Stoffe« erweitert werden. Dagegen wandten sich die USA. Das Dokument war bis dahin von über 140 Staaten ratifiziert worden.
Besonders brisant sind die neuen Informationen in Anbetracht des Krieges gegen Irak. Der Sturz der dortigen Regierung und die US-Besetzung des Ölstaates wurde mit dem Vorwurf begründet, Saddam Husseins Armee verfüge über biologische und chemische Waffen. Weder der UN-Waffeninspekteur Hans Blix noch die US-Amerikaner oder ihre Verbündeten konnten diesen Kriegsgrund bislang bestätigen. »Hans Blix hätte wohl eher verbotene Waffen gefunden, wenn er bei der US-Stadt Baltimore statt in Bagdad gesucht hätte«, bemerkte der Abrüstungsexperte Jan van Aken vom Hamburger Büro des »Sunshine Project«.
Bereits während des Feldzugs in Irak hatten sich führende US-Politiker zudem für den Einsatz von Giftgas ausgesprochen. An Zynismus konnte dabei kaum mehr aufgeboten werden: Während US-Außenminister Colin Powell die Vereinten Nationen am 5.Februar dieses Jahres von der Existenz irakischer Bio- und Chemiewaffen überzeugen wollte, sprach sich Washingtons Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gegenüber dem Armeekomitee seines Abgeordnetenhauses für den Einsatz chemischer Kampfstoffe aus. Als sich der Krieg gegen Irak abzeichnete, signalisierte der US-Präsident sein »grundsätzliches Einverständnis«.
Neben aggressiven Reizgasen verfügt die US-Armee Regierungsdokumenten zufolge über sogenannte Diazepame und Benzodiazepinderivate. Bei diesen zu den Psychopharmaka zählenden Verbindungen handelt es sich nach Meinung der Entwickler zwar um »nichttödliche Kampfstoffe«. Experten wenden sich trotzdem vehement gegen ihren militärischen Einsatz. Nach Angaben der »Vereinigung Amerikanischer Wissenschaftler« (FAS) liegt die zu erwartende Todesrate beim Einsatz solcher Betäubungsgase bei neun Prozent. Würden Gase, wie in internen Strategiepapieren der US-Armee empfohlen, in belagerte Bunker geleitet, könnte die Todesrate durch ansteigende Konzentrationen im Inneren der Anlagen jedoch weitaus höher liegen. Die Ankündigung des US-Präsidenten, den Gegner »auszuräuchern«, bekommt damit eine ganz neue Bedeutung. »Diese Gase können so tödlich sein wie Kugeln«, schreibt die FAS.
Besonders aber die politische Konsequenz ist verheerend. Mit der Aufnahme »nichttödlicher« Kampfstoffe in das Waffenarsenal der USAwird die Biowaffenkonvention weiter ausgehöhlt. Die Grenze zwischen erlaubter und verbotener Waffenforschung verschwimmt zunehmend. Wenn die Option zum Einsatz biologischer und chemischer Kampfstoffe im Patent explizit erwähnt werde, sagt der Abrüstungsexperte van Aken im Gespräch mit jW, »so geschieht das bewußt«. In den USA ist die Abwehrforschung massiv ausgeweitet worden, Forschung werde zunehmend finanziert, der Einsatz von verbotenen Kampfstoffen in Erwägung gezogen: »Erschreckend ist, wie rasch die moralische Schwelle vor der Anwendung dieser geächteten Waffen gesunken ist«. Das werde international Nachahmer finden.