Ob der Inhalt dann gesperrt und gelöscht wird, entscheidet eh der Betreiber.
Das sorgt für zwei Probleme, zum einen der Umstand, dass dies einen immensen Bearbeitungsaufwand bedeutet, der durch automatisierte Prozesse vereinfacht werden muss, um überhaupt handhabbar zu sein. Solche Automatismen neigen dazu, kein Fingerspitzengefühl zu zeigen und damit deutlich mehr als eigentlich notwendig zu zensieren. Dabei ist die "Notwendigkeit" genau solch ein problematischer Faktor, denn zum anderen wird der Betreiber in die Position versetzt, darüber entscheiden zu dürfen, was erlaubt und was verboten ist. Damit sind die Instrumente zur Informations- und damit Meinungskontrolle gelegt. Selbst wenn man das ignoriert ändert es aber an dem eigentlichen Problem nichts, weil die asozialen Netzwerke ja nur ein Mittel zum Zweck und beliebig austauschbar sind. Dabei wird man die Zeit nicht mehr zurückdrehen können, wenn diese Leute nicht mehr Telegram benutzen, dann eben den nächsten, oder den übernächsten, und irgendwann dann einen, der extra für diese Gruppen entwickelt wurde. So schwer ist das gar nicht.
Aber zurück zu dem, was ich meinte. Kenntnis von solchen Menschen, Nachrichten und Gruppen zu erlangen ist nicht die Schwierigkeit, die Aktivitäten des Pseudomajors waren ja bekannt, es wird nun gefragt, warum die behördliche Reaktion so spät und vieler Ansicht nach zu spät erfolgte. Da wird dann von Behördenversagen gesprochen, ohne genau zu analysieren, wo die Probleme lagen. Welche Äußerungen fallen etwa unter die Meinungsfreiheit, welche nicht, wer ist dafür zuständig und kann in welchem Rahmen Personal zur Bearbeitung aufbringen. Oder anders und allgemeiner Formuliert: welche Grenzen der individuellen Freiheit ziehen wir ganz konkret, und welche Mittel bringen wir auf, um diese zu kontrollieren. Dabei sollte immer im Hinterkopf sein, dass jede Grenze nicht nur für den aus egoistischer Sicht besten Fall, nämlich zur Durchsetzung unserer Ansichten, sondern auch im schlimmsten Fall, nämlich der Freiheit anderer Ansichten zu dienen hat. Passiert das nicht, geben wir in einer Demokratie dem Staat die Mittel, beliebige Informationskontrolle auszuüben. Und wie wir aus der Geschichte, aber auch beim Blick in unsere nähere Nachbarschaft lernen können, kann dieses Handeln sehr gefährlich werden, wenn diese Instrumente jenen in die Hände fallen, die sie eigentlich bekämpfen sollten.
Kurz gesagt, es gibt auf meine Fragen eben keine einfachen Antworten.