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Chiles großes Trauma
<span style="colorrange"> Hatten vor allem die USA ihre Finger im Spiel? Oder war der Pinochet-Putsch eine innerchilenische Angelegenheit? </span>
Zum 30. Jahrestages des Militärputsches in Chile ringt ein Land immer noch mit seiner Vergangenheit und deren Mythen.
Am 11. September 1973 putschte Heereschef General Augusto Pinochet den gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende aus dem Amt. Erst 17 Jahre später gaben die Generäle nach verlorener Volksabstimmung die Macht wieder ab.
Bomben gegen La Moneda
Um das, wie es seitens der Militärs hieß, "marxistische Krebsgeschwür auszurotten", legten Kampfbomber den Präsidentenpalast La Moneda in Schutt und Asche. Die politischen Parteien und Gewerkschaften wurden verboten, ihre Führer erschossen oder ins Exil gezwungen. Zehntausende Anhänger der Linksregierung wurden verhaftet.
Dem Putsch vorausgegangen waren wirtschaftliche Probleme der Regierung Allende. Doch es gab ebenso eine gezielte Destabilisierung der Regierung, die mit ihrer Verstaatlichungspolitik (insbesondere Kupferminen) in Konflikt nicht nur mit den strategischen Interessen der USA geraten war.
Keine Unterstützung von den Sowjets
Die Sowjetunion ließ Allende mit seinen wirtschaftlichen Problemen hängen. Wegen Allendes Traum vom "Sozialismus in Frieden" wollte man keine neue Krise wie im Fall Kuba mit den USA riskieren.
Kissingers Diplomatie
Die Nixon-Regierung griff zwar massiv in die chilenische Politik beim Amtsantritt von Allende 1970 ein. Doch im Jahr des Putsches verbuchte es der damalige Außenminister Henri Kissinger als Erfolg, dass es seine "erfolgreiche Diplomatie mit den Sowjets war, die Moskau davon überzeugte, Allende fallen zu lassen".
War der Putsch von Pinochet im Jahr 1973 eine innerchilenische Angelegenheit? Ein Artikel der linksalternativen Berliner "taz" räumt zum 30. Jahrestages des Putsches mit so manchem Chile-Mythos auf.
Isabel Allende: "Die Wunden sitzen tief"
Heute gilt Chile als eine der stabilsten Demokratien Südamerikas, doch die Schriftstellerin und sozialistische Politikerin Isabel Allende meint: "Die Wunden sind tief, und es wird noch eine Zeit dauern, bis wir Chilenen eine gemeinsame Basis für ein 'Nie wieder' ('nunca mas') finden werden."
Zum Vergrößern anklicken. / ©Bild: AP
Allendes Vater Salvador, der das Exil ausschlug und im September 1973 den Freitod wählte, wurde zum Symbol des Widerstandes für die Linke weltweit.
Allendes mythischer Abschied
"Aus meinen Worten spricht keine Bitterkeit, nur Enttäuschung. Die Verräter werden ihre moralische Strafe erhalten. Ich werde nicht zurücktreten. Sie können uns unterjochen, aber den Fortschritt nicht aufhalten. Ich danke Ihnen, dass Sie einem Mann vertraut haben, welcher der Sehnsucht nach Gerechtigkeit eine Stimme gegeben hat." Das waren die letzten Worte, die Allende an das chilenische Volk richtete.
Lange wollte man glauben, Allende sei ermordet worden. Doch die letzten Stunden im Leben Allendes zeigen das Bild eines Politikers, der sich gerade auch von seinen Weggefährten verlassen fühlte.
Pinochet: Inbegriff der Willkür
Der inzwischen 87-jährige Ex-Diktator Pinochet ist hingegen als Inbegriff für Terror- und Willkürherrschaft in die Geschichte eingegangen.
"Einem Strafprozess ist er nur wegen seiner angeschlagenen Gesundheit entgangen, und seine Weste ist befleckt", sagt der Verfassungsrechtler Jose Zalaquett.
"Ein Feigling"
"Ein Feigling, der sich lieber für senil erklärt, als vor Gericht zu erscheinen", fügt Allendes Tochter hinzu.
Vor den Augen der Welt trieben Einsatzgruppen Linke und alle, die sie dafür hielten, zusammen. "Pinochet hatte aber auch einen relativ großen sozialen Rückhalt, weil die Allende-Zeit sehr polarisiert hatte", erinnert der deutsche Chile-Experte Detlef Nolte.
3.000 Tote
3.000 Tote, Zehntausende Folteropfer und Hunderttausende zerstörte Biografien lautet die Bilanz der Militärzeit.
In dem inzwischen zum Denkmal erklärten Nationalstadion in Santiago pferchten die Militärs ihre Opfer zusammen, folterten und ermordeten viele an Ort und Stelle.
Die Verfolgung der Täter
Neben solch symbolischer Rehabilitierung der Opfer arbeitet Chiles Justiz langsam, aber stetig an der Verfolgung der Täter. Trotz der Selbstamnestie der Militärs gibt es heute 300 Strafverfahren gegen Ex-Militärs und -Polizisten.
Entscheidend für den Erfolg dieser Verfahren ist, dass das oberste Gericht den Vorrang des Völkerrechts vor nationalem Recht anerkennt. Auf dem Weg der Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels seiner Geschichte ist Chile erstaunlich weit vorangekommen.
Viele Chilenen wurden im Gefolge des 11. September 1973 ins Exil gezwungen. Etwa 1.500 haben in Österreich eine neue Heimat gefunden.
Hinweis:
Österreich war eines der ersten Länder, das seine Botschaft für Flüchtlinge öffnete - auch gegen den Widerstand des eigenen Botschafters. Dazu sendet Ö1 am Mittwoch um 18.20 Uhr ein "Journal Panorama".
Zum Thema "30 Jahre Putsch in Chile" bringt das "Weltjournal" am Mittwoch um 22.30 Uhr in ORF2 einen Beitrag über die Tocher eines Generals, der sich gegen den Putsch stellte - mehr dazu in tv.ORF.at.
quelle: orf.at
<span style="colorrange"> Hatten vor allem die USA ihre Finger im Spiel? Oder war der Pinochet-Putsch eine innerchilenische Angelegenheit? </span>
Zum 30. Jahrestages des Militärputsches in Chile ringt ein Land immer noch mit seiner Vergangenheit und deren Mythen.
Am 11. September 1973 putschte Heereschef General Augusto Pinochet den gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende aus dem Amt. Erst 17 Jahre später gaben die Generäle nach verlorener Volksabstimmung die Macht wieder ab.
Bomben gegen La Moneda
Um das, wie es seitens der Militärs hieß, "marxistische Krebsgeschwür auszurotten", legten Kampfbomber den Präsidentenpalast La Moneda in Schutt und Asche. Die politischen Parteien und Gewerkschaften wurden verboten, ihre Führer erschossen oder ins Exil gezwungen. Zehntausende Anhänger der Linksregierung wurden verhaftet.
Dem Putsch vorausgegangen waren wirtschaftliche Probleme der Regierung Allende. Doch es gab ebenso eine gezielte Destabilisierung der Regierung, die mit ihrer Verstaatlichungspolitik (insbesondere Kupferminen) in Konflikt nicht nur mit den strategischen Interessen der USA geraten war.
Keine Unterstützung von den Sowjets
Die Sowjetunion ließ Allende mit seinen wirtschaftlichen Problemen hängen. Wegen Allendes Traum vom "Sozialismus in Frieden" wollte man keine neue Krise wie im Fall Kuba mit den USA riskieren.
Kissingers Diplomatie
Die Nixon-Regierung griff zwar massiv in die chilenische Politik beim Amtsantritt von Allende 1970 ein. Doch im Jahr des Putsches verbuchte es der damalige Außenminister Henri Kissinger als Erfolg, dass es seine "erfolgreiche Diplomatie mit den Sowjets war, die Moskau davon überzeugte, Allende fallen zu lassen".
War der Putsch von Pinochet im Jahr 1973 eine innerchilenische Angelegenheit? Ein Artikel der linksalternativen Berliner "taz" räumt zum 30. Jahrestages des Putsches mit so manchem Chile-Mythos auf.
Isabel Allende: "Die Wunden sitzen tief"
Heute gilt Chile als eine der stabilsten Demokratien Südamerikas, doch die Schriftstellerin und sozialistische Politikerin Isabel Allende meint: "Die Wunden sind tief, und es wird noch eine Zeit dauern, bis wir Chilenen eine gemeinsame Basis für ein 'Nie wieder' ('nunca mas') finden werden."
Zum Vergrößern anklicken. / ©Bild: AP
Allendes Vater Salvador, der das Exil ausschlug und im September 1973 den Freitod wählte, wurde zum Symbol des Widerstandes für die Linke weltweit.
Allendes mythischer Abschied
"Aus meinen Worten spricht keine Bitterkeit, nur Enttäuschung. Die Verräter werden ihre moralische Strafe erhalten. Ich werde nicht zurücktreten. Sie können uns unterjochen, aber den Fortschritt nicht aufhalten. Ich danke Ihnen, dass Sie einem Mann vertraut haben, welcher der Sehnsucht nach Gerechtigkeit eine Stimme gegeben hat." Das waren die letzten Worte, die Allende an das chilenische Volk richtete.
Lange wollte man glauben, Allende sei ermordet worden. Doch die letzten Stunden im Leben Allendes zeigen das Bild eines Politikers, der sich gerade auch von seinen Weggefährten verlassen fühlte.
Pinochet: Inbegriff der Willkür
Der inzwischen 87-jährige Ex-Diktator Pinochet ist hingegen als Inbegriff für Terror- und Willkürherrschaft in die Geschichte eingegangen.
"Einem Strafprozess ist er nur wegen seiner angeschlagenen Gesundheit entgangen, und seine Weste ist befleckt", sagt der Verfassungsrechtler Jose Zalaquett.
"Ein Feigling"
"Ein Feigling, der sich lieber für senil erklärt, als vor Gericht zu erscheinen", fügt Allendes Tochter hinzu.
Vor den Augen der Welt trieben Einsatzgruppen Linke und alle, die sie dafür hielten, zusammen. "Pinochet hatte aber auch einen relativ großen sozialen Rückhalt, weil die Allende-Zeit sehr polarisiert hatte", erinnert der deutsche Chile-Experte Detlef Nolte.
3.000 Tote
3.000 Tote, Zehntausende Folteropfer und Hunderttausende zerstörte Biografien lautet die Bilanz der Militärzeit.
In dem inzwischen zum Denkmal erklärten Nationalstadion in Santiago pferchten die Militärs ihre Opfer zusammen, folterten und ermordeten viele an Ort und Stelle.
Die Verfolgung der Täter
Neben solch symbolischer Rehabilitierung der Opfer arbeitet Chiles Justiz langsam, aber stetig an der Verfolgung der Täter. Trotz der Selbstamnestie der Militärs gibt es heute 300 Strafverfahren gegen Ex-Militärs und -Polizisten.
Entscheidend für den Erfolg dieser Verfahren ist, dass das oberste Gericht den Vorrang des Völkerrechts vor nationalem Recht anerkennt. Auf dem Weg der Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels seiner Geschichte ist Chile erstaunlich weit vorangekommen.
Viele Chilenen wurden im Gefolge des 11. September 1973 ins Exil gezwungen. Etwa 1.500 haben in Österreich eine neue Heimat gefunden.
Hinweis:
Österreich war eines der ersten Länder, das seine Botschaft für Flüchtlinge öffnete - auch gegen den Widerstand des eigenen Botschafters. Dazu sendet Ö1 am Mittwoch um 18.20 Uhr ein "Journal Panorama".
Zum Thema "30 Jahre Putsch in Chile" bringt das "Weltjournal" am Mittwoch um 22.30 Uhr in ORF2 einen Beitrag über die Tocher eines Generals, der sich gegen den Putsch stellte - mehr dazu in tv.ORF.at.
quelle: orf.at