Können tierische Organe menschliches Leben retten?
Spenderorgane sind Mangelware. Ein Weg aus dem Organmangel könnte die Xenotransplantation sein, bei der tierische Organe in den Menschen verpflanzt werden. Das Überspringen der Artgrenze birgt aber einige Schwierigkeiten. Die erste Hürde ist jedoch inzwischen überwunden - werden bald Schweineherzen in der Menschbrust schlagen?
Mit einem fremden Herz oder der Niere eines Verstorbenen zu leben, ist heute schon kaum noch besonders außergewöhnlich. Jährlich werden in Deutschland Tausende von Organen verpflanzt - Tausende mehr müssten es aber sein, um die lange Warteliste, vor allem bei Nieren, abzubauen: Es fehlen die Spender. Wegen der modernen Transplantationstechnik und der verbesserten Medikamente, die eine Abstoßung des Fremdorgans verhindern, kann heutzutage außerdem auch bei solchen Patienten eine Transplantation in Erwägung gezogen werden, die vor einigen Jahren noch als viel zu krank für einen derartigen Eingriff eingeschätzt worden wären - der Bedarf steigt dementsprechend an. Auf der anderen Seite ändert sich an der Bereitschaft, ein Organ zu spenden, nur wenig. Die Folge: Die Schere zwischen zur Verfügung stehenden Spenderorganen und benötigten Transplantaten öffnet sich immer weiter.
Als eine realistische Option, den Organmangel zu überwinden, gilt die Xenotransplantation (xenos griech.: fremd): tierische Organe sollen die Funktion ihrer desolaten menschlichen Pendants übernehmen. Geeignete Zuchtbetriebe könnten jederzeit die notwendigen Organe absolut frisch zur Verfügung stellen.
Die Idee ist nicht neu. Bereits in den 1960er Jahren hatten Ärzte mehrfach Nieren und Herzen von Affen auf den Menschen übertragen - mit bescheidenem Erfolg: Die Organe wurden innerhalb kürzester Zeit abgestoßen. Damals war man sich über die der Abstoßung zu Grunde liegenden Mechanismen nicht vollständig im Klaren - selbst heute sind nicht alle beteiligten immunologischen Vorgänge ganz verstanden.
Drei große Hürden gilt es zu nehmen, bevor ein tierisches Organ dauerhaft im menschlichen Körper funktionieren kann: die immunologische Abstoßungsreaktion des Empfängers gegenüber dem Spenderorgan, die anatomischen und physiologischen Unterschiede zwischen den Arten und schließlich die Infektionsgefahr mit Mikroorganismen aus dem Transplantat.
Lange Zeit war die immunologische Barriere das größte Problem bei der Übertragung tierischer Organe auf den Menschen. Das menschliche Immunsystem identifiziert Gewebe anderer Säugetierarten an bestimmten Molekülen auf deren Zellen. Eine entscheidende Rolle bei der Xenotransplantation spielt die Galaktose-alpha-1,3-Galaktose (Gal): Dieses Molekül sitzt bei allen Säugern auf der Oberfläche der Zellen - lediglich den Menschen und den Altweltaffen fehlt diese Struktur. Sie erkennen Gal also als "fremd" und bilden Antikörper dagegen aus.
Bei Xenotransplantationen gibt es vier Formen der immunologischen Reaktion: die hyperakute vaskuläre Abstoßung (HAR), die akut vaskuläre Abstoßung, die zelluläre Abstoßung und die chronische Abstoßung. Bei der ersten immunologischen Barriere, der HAR, die innerhalb von Minuten bis Stunden den Fremdkörper zerstört, binden die Anti-Gal-Antikörper an das Transplantat und aktivieren dadurch das Komplementsystem. Nachfolgende biochemische und physiologische Prozesse lassen das übertragene Organ innerhalb kürzester Zeit absterben.
Gegen die HAR gibt es inzwischen effektive Maßnahmen. So genannte Knockout-Schweine können Gal nicht mehr produzieren - ihnen fehlt damit der Hauptangriffspunkt für die Immunabwehr. In ersten Versuchen überlebten Organe solcher Schweine in Primaten auch schon drei bis sechs Monate. Zusätzlich bestehen heute Möglichkeiten, die Menge der Anti-Gal-Antikörper zu reduzieren oder sie zu hemmen. Zudem konnten in transgene Schweine Gene eingeführt werden, welche das Komplementsystem des Menschen ausbremsen, sodass dieses bei der hyperakuten Reaktion nicht mehr mitwirken kann. Mit diesen Maßnahmen hat man heute die erste heftige Abwehrreaktion also im Griff.
Dennoch fallen Xenotransplantate regelmäßig der nächsten immuologischen Stufe, der akut-vaskulären oder verzögerten Abstoßung, zum Opfer. Auch bei dieser Form der immunologischen Reaktion sind Antikörper im Spiel, der genaue Mechanismus ist aber noch nicht bekannt.
Zusätzlich gilt es, die zelluläre Abstoßung zu verhindern, die innerhalb von Tagen auftritt. An ihr sind verschiedene Immunzellen, vor allem T-Lymphozyten, beteiligt; auch Makrophagen und natürliche Killerzellen spielen möglicherweise eine Rolle. Bis zu einem gewissen Grade könnten hier Immunsuppressiva greifen, wie sie auch bei der Transplantation menschlicher Organe eingesetzt werden.
Sollten einmal all diese Probleme beseitigt sein, droht immer noch die chronische Abstoßung, die sich binnen Monaten oder Jahren entwickelt - sie ist auch bei Organverpflanzungen von Mensch zu Mensch noch nicht gelöst. Auf immunologischem Gebiet ist also noch einiges zu tun, bis ein Xenotransplantat langfristig im Menschen überlebt.
Der eleganteste Weg, ein Fremdorgan verträglich zu machen, wäre eine Toleranzinduktion des Empfängers - mit verschiedenen Konzepten wird derzeit experimentiert. Denn eine dauerhafte Unterdrückung des Immunsystems macht anfällig gegen Krankheitserreger wie Bakterien, Viren und Pilze; außerdem können Immunsuppressiva Tumore auslösen. Ein tolerantes Immunsystem hingegen lässt das Transplantat in Ruhe, arbeitet ansonsten aber ganz normal gegen Infektionen.
Bereits am Menschen getestet wird ein anderer Trick: Einzelne Zellen, beispielsweise Insulin produzierende Zellen, werden in einer Biomembran verpackt - so sind sie vor den Attacken des Immunsystems geschützt. Zuverlässige Ergebnisse darüber, wie gut dieses Konzept (auch längerfristig) funktioniert, wie haltbar die Membranen sind und vor allem, ob diese Zelltransplantate im Empfänger überhaupt arbeiten, liegen aber noch nicht vor.
Einsamer Schütze Newsletter
Würdet ihr Euch ein tierisches Organ verpflanzen lassen?
Natürlich, wenn wir selbst in der Lage sind, dann ist die Hemmschwelle sicher niedriger.
Andererseits denke ich mir, jetzt haben sie schon wieder etwas gefunden, womit sie die armen Tiere ausschlachten können.
Künstliche Herzen, Dialyse, künstliche Gelenke, Platten, Implantate, Organe, Glasaugen, Prothesen... bald laufen wir herum wie Zombies.
Spenderorgane sind Mangelware. Ein Weg aus dem Organmangel könnte die Xenotransplantation sein, bei der tierische Organe in den Menschen verpflanzt werden. Das Überspringen der Artgrenze birgt aber einige Schwierigkeiten. Die erste Hürde ist jedoch inzwischen überwunden - werden bald Schweineherzen in der Menschbrust schlagen?
Mit einem fremden Herz oder der Niere eines Verstorbenen zu leben, ist heute schon kaum noch besonders außergewöhnlich. Jährlich werden in Deutschland Tausende von Organen verpflanzt - Tausende mehr müssten es aber sein, um die lange Warteliste, vor allem bei Nieren, abzubauen: Es fehlen die Spender. Wegen der modernen Transplantationstechnik und der verbesserten Medikamente, die eine Abstoßung des Fremdorgans verhindern, kann heutzutage außerdem auch bei solchen Patienten eine Transplantation in Erwägung gezogen werden, die vor einigen Jahren noch als viel zu krank für einen derartigen Eingriff eingeschätzt worden wären - der Bedarf steigt dementsprechend an. Auf der anderen Seite ändert sich an der Bereitschaft, ein Organ zu spenden, nur wenig. Die Folge: Die Schere zwischen zur Verfügung stehenden Spenderorganen und benötigten Transplantaten öffnet sich immer weiter.
Als eine realistische Option, den Organmangel zu überwinden, gilt die Xenotransplantation (xenos griech.: fremd): tierische Organe sollen die Funktion ihrer desolaten menschlichen Pendants übernehmen. Geeignete Zuchtbetriebe könnten jederzeit die notwendigen Organe absolut frisch zur Verfügung stellen.
Die Idee ist nicht neu. Bereits in den 1960er Jahren hatten Ärzte mehrfach Nieren und Herzen von Affen auf den Menschen übertragen - mit bescheidenem Erfolg: Die Organe wurden innerhalb kürzester Zeit abgestoßen. Damals war man sich über die der Abstoßung zu Grunde liegenden Mechanismen nicht vollständig im Klaren - selbst heute sind nicht alle beteiligten immunologischen Vorgänge ganz verstanden.
Drei große Hürden gilt es zu nehmen, bevor ein tierisches Organ dauerhaft im menschlichen Körper funktionieren kann: die immunologische Abstoßungsreaktion des Empfängers gegenüber dem Spenderorgan, die anatomischen und physiologischen Unterschiede zwischen den Arten und schließlich die Infektionsgefahr mit Mikroorganismen aus dem Transplantat.
Lange Zeit war die immunologische Barriere das größte Problem bei der Übertragung tierischer Organe auf den Menschen. Das menschliche Immunsystem identifiziert Gewebe anderer Säugetierarten an bestimmten Molekülen auf deren Zellen. Eine entscheidende Rolle bei der Xenotransplantation spielt die Galaktose-alpha-1,3-Galaktose (Gal): Dieses Molekül sitzt bei allen Säugern auf der Oberfläche der Zellen - lediglich den Menschen und den Altweltaffen fehlt diese Struktur. Sie erkennen Gal also als "fremd" und bilden Antikörper dagegen aus.
Bei Xenotransplantationen gibt es vier Formen der immunologischen Reaktion: die hyperakute vaskuläre Abstoßung (HAR), die akut vaskuläre Abstoßung, die zelluläre Abstoßung und die chronische Abstoßung. Bei der ersten immunologischen Barriere, der HAR, die innerhalb von Minuten bis Stunden den Fremdkörper zerstört, binden die Anti-Gal-Antikörper an das Transplantat und aktivieren dadurch das Komplementsystem. Nachfolgende biochemische und physiologische Prozesse lassen das übertragene Organ innerhalb kürzester Zeit absterben.
Gegen die HAR gibt es inzwischen effektive Maßnahmen. So genannte Knockout-Schweine können Gal nicht mehr produzieren - ihnen fehlt damit der Hauptangriffspunkt für die Immunabwehr. In ersten Versuchen überlebten Organe solcher Schweine in Primaten auch schon drei bis sechs Monate. Zusätzlich bestehen heute Möglichkeiten, die Menge der Anti-Gal-Antikörper zu reduzieren oder sie zu hemmen. Zudem konnten in transgene Schweine Gene eingeführt werden, welche das Komplementsystem des Menschen ausbremsen, sodass dieses bei der hyperakuten Reaktion nicht mehr mitwirken kann. Mit diesen Maßnahmen hat man heute die erste heftige Abwehrreaktion also im Griff.
Dennoch fallen Xenotransplantate regelmäßig der nächsten immuologischen Stufe, der akut-vaskulären oder verzögerten Abstoßung, zum Opfer. Auch bei dieser Form der immunologischen Reaktion sind Antikörper im Spiel, der genaue Mechanismus ist aber noch nicht bekannt.
Zusätzlich gilt es, die zelluläre Abstoßung zu verhindern, die innerhalb von Tagen auftritt. An ihr sind verschiedene Immunzellen, vor allem T-Lymphozyten, beteiligt; auch Makrophagen und natürliche Killerzellen spielen möglicherweise eine Rolle. Bis zu einem gewissen Grade könnten hier Immunsuppressiva greifen, wie sie auch bei der Transplantation menschlicher Organe eingesetzt werden.
Sollten einmal all diese Probleme beseitigt sein, droht immer noch die chronische Abstoßung, die sich binnen Monaten oder Jahren entwickelt - sie ist auch bei Organverpflanzungen von Mensch zu Mensch noch nicht gelöst. Auf immunologischem Gebiet ist also noch einiges zu tun, bis ein Xenotransplantat langfristig im Menschen überlebt.
Der eleganteste Weg, ein Fremdorgan verträglich zu machen, wäre eine Toleranzinduktion des Empfängers - mit verschiedenen Konzepten wird derzeit experimentiert. Denn eine dauerhafte Unterdrückung des Immunsystems macht anfällig gegen Krankheitserreger wie Bakterien, Viren und Pilze; außerdem können Immunsuppressiva Tumore auslösen. Ein tolerantes Immunsystem hingegen lässt das Transplantat in Ruhe, arbeitet ansonsten aber ganz normal gegen Infektionen.
Bereits am Menschen getestet wird ein anderer Trick: Einzelne Zellen, beispielsweise Insulin produzierende Zellen, werden in einer Biomembran verpackt - so sind sie vor den Attacken des Immunsystems geschützt. Zuverlässige Ergebnisse darüber, wie gut dieses Konzept (auch längerfristig) funktioniert, wie haltbar die Membranen sind und vor allem, ob diese Zelltransplantate im Empfänger überhaupt arbeiten, liegen aber noch nicht vor.
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Würdet ihr Euch ein tierisches Organ verpflanzen lassen?
Natürlich, wenn wir selbst in der Lage sind, dann ist die Hemmschwelle sicher niedriger.
Andererseits denke ich mir, jetzt haben sie schon wieder etwas gefunden, womit sie die armen Tiere ausschlachten können.
Künstliche Herzen, Dialyse, künstliche Gelenke, Platten, Implantate, Organe, Glasaugen, Prothesen... bald laufen wir herum wie Zombies.