"Denkt gesamtheitlich (...) da tun sich ganz viele Menschen ganz ganz schwer", sagt er sinngemäß am Anfang und wörtlich am Ende des Interviews. Was dazwischen liegt beweist diese Aussage, denn das ganze Interview beweist einen Mangel an gesamtheitlichen Denken, das in dieser Diskussion beide Seiten bestimmt. Anders ist es nicht zu erklären, dass es in der ganzen Diskussion nur darum geht, was Elektromobilität heute bedeutet und welche Nachteile damit verknüpft sind (und da gibt es einige, "sauber" ist das ganz sicher nicht), aber kein einziges Wort darüber fällt, was sie im Vergleich zur Verbrennermobilität bedeutet. Schließlich ist dieser stetige Verweis darauf, was der Kunde will doch nicht zielführend, wenn die Auswirkungen der Entscheidung uns alle betrifft. Der Kunde von tonnenschweren, rollenden Sicherheits- und Umweltproblemen will auch kein Verbot für gutmotorisierte SUVs - die Frage ist aber, ob wir uns als Gesellschaft diese noch leisten wollen.
Davon abgesehen ist inhaltlich natürlich einiges wahres dabei, etwa wenn es um die Rohstofffragen geht (Vorkommen und Gewinnung), wenn es um die sinnhaftigkeit bestimmter Konzepte geht (bspw. akkubetriebene LKW). Andere Dinge sind hingegen schlicht weg falsch, beispielsweise dass es
keine aussichtsreiche Akkutechnologie gibt, die zumindest einige der aktuellen Probleme löst,
dass es keine realistischen Lösungen für Weiterverwendung und Recycling gibt, oder dass Deutschlands Politik einem grundsätzlich Irrweg folgt. Denn neben der im Interview ja mehrfach erwähnten Förderprämien wurde parallel ein riesiges Forschungsprogramm (in den Dimensionen deutlich größer) für Wasserstoffantriebe sowie synthetischer Kraftstoffe beschlossen. Ob letztere wirklich die Zukunft sind, wie Indra behauptet, ist im übrigen auch noch nicht klar. Genauso wie etwa bei der Brennstoffzellen Entwicklung oder neuen Akkutechnologien gibt es noch offene Fragen, und
vor allem die Prozesskette muss noch weiter optimiert werden.
Was mich generell stört ist, dass er die Forschung selbst schon kritisiert (Oberleitungsprojekt, Akkufoschung), vor allem mit Blick auf die jeweiligen Kosten. Wer sich selbst konsequent einem zukünftigen Erkenntnisgewinn verweigert handelt nicht klug, sondern überheblich. Grundlagenforschung ist nie unmittelbar gewinnbringend, und auch jeder Fehlversuch birgt wertvolle Erkenntnisse. Das mag man vielleicht anders sehen, wenn man über weite Teile des eigenen Lebens wirtschaftlich denken musste - aber genau das ist Teil des Problems.
Übrigens, weil er die Anekdote schon erwähnt hat. Bei der Formel E stehen wirklich Dieselgeneratoren zur Stromerzeugung neben der Rennstrecke. Die werden aber entgegen seiner Aussage nicht mit Diesel betrieben, sondern wurden von der
Firma Aquafuel modifiziert und erzeugen mit pflanzlich gewonnenem Glyzerin Strom. Das Verfahren ist ökonomisch noch nicht markttauglich, aber ökologisch weitgehend sauber. Wusste Indra das nicht, oder wollte er es nicht wissen?
Letztlich liegen doch die Fakten auf den Tisch, die sachlichen Vor- und Nachteile sind bekannt, lediglich Lobbygruppen und verblendete Einzeltäter versuchen daraus irgendwelche Absolutismen zu machen. Weder ist das Elektroauto sauber, noch ist es der Verbrenner. Die Rohstoffgewinnung zur Akkuherstellung ist eine ökologische und menschliche Katastrophe, für die Öl/Benzinherstellung gilt allerdings das gleiche. Solange keine durchgängige erneuerbare Energiekette existiert sind schwere Elektroboliden keine Hilfe, umgekehrt geht es grundsätzlich nicht nur um die generelle Vermeidung, sondern auch um die Verlagerung von Umweltverschmutzungen. Die eine Lösung für alle Probleme gibt es nicht, sicher ist nur, dass es ökologisch nicht so weitergehen kann wie bisher. Wer nicht einmal das akzeptiert, dem ist nicht zu helfen, wer es hingegen akzeptiert muss damit Leben, dass es noch lange dauert bis es wirklich saubere Lösungen geben wird. Allerdings ist es notwendig, die Wege auch zu gehen, selbst wenn hier oder da die Gefahr besteht, dass man doch noch einmal den Kurs ändern muss.