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Der Schatz von Dorak

S

Sperber

Gast
Quote:

Der Archäologe James Mellaart achtete zunächst kaum auf eine dunkelhaarige junge Frau, welche ihm im Zug aus Istanbul gegenübersaß, bis sein Blick auf das Armband fiel, welches sie trug. Es war offenbar mehrere tausend Jahre alt und aus purem Gold. Kein Archäologe hätte dieses Armband unbeachtet gelassen. Während der Zug durch die Türkei fuhr, stellte Mellaart sich der jungen Frau vor. Sie erzählte ihm, das Armband gehöre zu einer Sammlung, welche sie Zuhause habe. Mellaart bat darum, diese in Augenschein nehmen zu dürfen, worauf die junge Frau zustimmte. An diesem Abend des Jahres 1958, als der Zug in Izmir an der ägäischen Küste der Türkei einfuhr, brannte Mellaart vor Eifer. Er achtete daher wenig auf den Weg, den die Beiden mit einem Taxi zum Haus der jungen Frau zurücklegten. Dort wurde die Sammlung Stück für Stück aus einem Versteck in einer alten Kommode hervorgeholt. Mellaart war überwältigt. Dieser Fund war nur vergleichbar mit den Schätzen im Grab des Pharaos Tutanchamun, die man 1922 in Ägypten entdeckt hatte. Er wollte diese Pracht fotografieren, doch die junge Frau verbot es ihm, bot ihm aber gleich an, er könne länger im Haus bleiben um Skizzen zu machen. Natürlich nahm Mellaart das Angebot gerne an und machte sich gleich an die Arbeit. Bei dieser Menge an wertvollen und prachtvollen Gegenstände brauchte er mehrere Tage. Er zeichnete all diese Stücke mit ihren prachtvollen und aufwendigen Mustern genaustens ab und notierte sich alles, was er nur konnte. Die junge Frau, welche angeblich eine Griechin war, erzählte ihm, die Sammlung sei während der Zeit der griechischen Besetzung nach dem Ersten Weltkrieg gefunden worden. Sie stammte von einer geheimen Grabung bei einem kleinen, an einem See gelegenem Dorf namens Dorak. Mellaart konnte die Folgerungen, welche sich daraus ergaben, kaum fassen: Die Stücke waren 5000 Jahre alt und stammten aus der Bronzezeit. Er war auf die ersten Beweise für die Vermutung gestoßen, daß es in der Nähe von Homers Troja eine große blühende Seefahrerstadt gegeben hatte, welche von einer Kriegerkaste regiert wurde und Troja selbst an Reichtum und Einfluß nicht nachstand. Als er seine Arbeit beendet hatte, verabschiedete er sich von der jungen Frau und verließ das Haus. Dies war das letzte mal, das er die junge Frau und den Schatz gesehen hatte. Erst viel später bemerkte Mellaart, wie wenig er eigentlich über diese Frau wußte, welche ihm immerhin den Schlüssel über einen derartigen Schatz gab. Er konnte sich nur erinnern, das sie Englisch mit einem amerikanischen Akzent sprach. Als Adresse hatte sie ihm die Kasim-Direk-Straße 217 in Izmir angegeben und ihr Name war angeblich Anna Papastrti.

Das Mellaart diese Angaben nicht nachgeprüft hatte, war sein erster Fehler. Später erklärten nämlich mißtrauische türkische Untersuchungsbeamte, sie können keinen Menschen dieses Namens finden und eine Kasim-Direk-Straße gebe es überhaupt nicht. Der zweite Fehler seinerseits war, als er seinem Vorgesetzten am Britischen Archäologischen Institut in Ankara, Professor Seton Lloyd, berichtete, er habe den Schatz vor sechs Jahren gefunden, doch erst jetzt die Erlaubnis erhalten, seine Entdeckung zu veröffentlichen. Das war natürlich eine Lüge, doch sie hatte einen ganz harmlosen Grund. Mellaart, welcher stellvertretender Direktor des Instituts war, war seit vier Jahren verheiratet und er wollte seine Frau nicht durch Klatsch in Verlegenheit bringen, da er mehrere Tage im Haus einer fremden Frau verbracht hatte. Beide Fehler sollte er später schwer bereuen - als er sich in einem langen und heftigen Kampf gegen Anschuldigungen verteidigen mußte, die auf die Veröffentlichung seiner Entdeckungen in der "Illustrated London News" im November 1959 folgten. Er hatte vorher an die türkische Verwaltung antiker Kunstwerke geschrieben und sie auf die bevorstehende Veröffentlichung aufmerksam gemacht, doch der Brief war verlegt worden und kam daher nicht an. Als der Artikel mit Mellaart's Zeichnungen erschien, waren die türkischen Beamten wütend. Sie wollten wissen, wo sich der Schatz befinde, wo er gefunden worden war und warum man ihnen den Fund nicht sofort mitgeteilt habe. Sie waren überzeugt davon, das ein wertvoller nationaler Schatz aus dem Lande geschmuggelt wurde und machten Mellaart dafür verantwortlich. Mellaart versuchte alles ins Rechte zu lotsen, doch man fand weder Anna oder den Schatz. Es gab keine Beweise dafür, daß Mellaart irgend etwas mit dem Verschwinden des Schatzes zu tun gehabt haben könnte. Dennoch wurde zweieinhalb Jahre später von der türkischen Zeitung Millyet eine Hetzkampange gegen ihn in Gang gesetzt. Die Zeitung behauptete, das Datum der Ausgrabung in Dorak sei falsch. Die Funde seien in den 50er Jahren gemacht worden, genau zu jener Zeit seien Mellaart und eine geheimnisvolle Frau in der Nähe des Ortes gesehen worden. Das wurde zwar wieder widerlegt, aber die Angriffe hörten nicht auf. Und obwohl die polizeilichen Nachforschungen eingestellt wurden, verbot man Mellaart jede weitere Arbeit an türkischen Grabungen, wo er bereits mehrere bedeutende Entdeckungen gemacht hatte. Insgeheim entwickelten einflußreiche Feinde eine rege Tätigkeit. Doch warum versuchten sie, ihn zu diskreditieren, indem sie behaupteten, seine Geschichte sei nur eine Erfindung, mit der er seine Karriere habe fördern wollen? Mellaart hatte das nicht nötig, da er bereits ein angesehener Archäologe war. Und wer war diese Anna, welche Mellart erst zu diesem Schatz brachte? War das zusammentreffen im Zug purer Zufall oder wurde sie gezielt auf ihn angesetzt? Eine Theorie geht dahin, das Mellaart als Köder in der raffiniert angelegten Falle einer Schmugglerbande gedient habe, welche den Schatz bereit beiseite gebracht hatte und ihn verkaufen wollte. Eine solche Bande wußte natürlich, daß der Wert ihrer Beute auf dem weltweiten schwarzen Markt enorm steigen mußte, wenn sie von einem hervorragendem Archäologen für echt erklärt wurde. Waren nun Stücke aus dem Schatz von Dorak an Käufer in der ganzen Welt verkauft worden? Falls dies der Fall ist, dann wird die Wahrheit über Anna und den verschwundenen Schatz wohl für immer hinter den Türen einiger gewissenloser Kunstsammler verborgen bleiben.

Wenn James Mellaart jedoch diese Geschichte als Hoax erfunden haben sollte, welchen Sinn hätte dies für seine weitere Karriere gemacht, da er selbst keine weiteren Beweise außer seiner Geschichte und seinen Skizzen vorzubringen hatte? Immerhin hatte er schon zur damaligen Zeit einen gewissen Ruf als Archäologe zu verlieren und seine weiteren Ausgrabungen in Anatolien sind immer noch aktuell und werden heftig diskutiert. Was es nun genau mit dem Schatz von Dorak auf sich hat, bleibt auch weiterhin ein ungelöstes Rätsel. Eventuell tauchen in Zukunft einige Stücke aus diesem sagenhaften Schatz auf.

Quelle:
http://www.einsamer-schuetze.com/
 
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